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Die gesellschaftsrechtliche Examensklausur nach dem MoPeG – Die GbR (Teil I)

Am 01.01.2024 ist das am 10.08.2021 verkündete Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts („MoPeG“) in Kraft getreten. Zentrales Wesensmerkmal der Gesetzesreform ist neben Veränderungen im Recht der OHG und KG die Modernisierung des Rechts der Gesellschaft bürgerlichen Rechts („GbR“). Der Lernbeitrag befasst sich mit den Änderungen des Rechts der GbR und beschränkt sich dabei auf die typischerweise in einer Examensklausur zu prüfenden Themengebiete. Gesellschaftsrechtliche Grundlagen werden bei dieser Gelegenheit mit besprochen.

I. Voraussetzungen einer GbR

Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer GbR haben sich im Zuge des MoPeG‘s nicht wesentlich verändert. § 705 Abs. 1 BGB übernimmt im Wesentlichen § 705 BGB a. F. Nach § 705 Abs. 1 BGB wird die Gesellschaft durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrages errichtet, in dem sich die Gesellschafter verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern. Erforderlich ist damit (1) der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages, (2) die Vereinbarung eines gemeinsamen Zwecks sowie (3) die Verpflichtung zur Förderung dieses Zwecks. In Abgrenzung zur OHG darf der gemeinsame Zweck dabei aber nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet sein (vgl. § 105 Abs. 1 HGB). Sind die vorstehenden Voraussetzungen erfüllt, ist die GbR als Rechtssubjekt im Verhältnis zwischen den Gesellschaftern entstanden. 

Neu eingeführt wurde § 705 Abs. 2 BGB. Darin definiert der Gesetzgeber die rechtsfähige Gesellschaft und nichtrechtsfähige Gesellschaft. Nach § 705 Abs. 2 Alt. 1 BGB kann die rechtsfähige Gesellschaft selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen.

Die seit der BGH-Entscheidung „Weißes Ross“ ergangene Rechtsprechung über die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR1  ist damit (endlich) gesetzlich geregelt und braucht daher in der Klausur nicht mehr als Problem dargestellt werden. Ob die Vertragsparteien eine rechtsfähige oder nichtrechtsfähige GbR gründen wollen, richtet sich danach, ob eine Teilnahme am Rechtsverkehr von allen Gesellschaftern gemeinsam gewollt ist (§ 705 Abs. 2 Alt. 1 BGB) oder sie den Gesellschaftern nur zur Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander dienen soll (§ 705 Abs. 2 Alt. 2 BGB2 ). Der gemeinsame Wille ist durch Auslegung nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB aus der Sicht des verobjektivierten Empfängerhorizontes zu bestimmen. § 705 Abs. 3 BGB enthält eine Vermutungsregelung für das Vorliegen einer rechtsfähigen GbR, wenn Gegenstand der Gesellschaft der Betrieb eines Unternehmens unter gemeinschaftlichem Namen ist.

Klausurtipp: Spricht der Sachverhalt ausdrücklich von einer GbR, kannst du ungeprüft vom Vorliegen einer GbR (im Innenverhältnis) ausgehen. Es wäre daher anfängerhaft, zu Beginn deines Gutachtens ausführlich die Tatbestandsmerkmale des § 705 Abs. 1 BGB zu prüfen. Gleichwohl ist ggf. kurz die Unterscheidung zwischen einer rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Gesellschaft nach § 705 Abs. 2 BGB vorzunehmen.

II. Entstehung der GbR im Verhältnis zu Dritten

Vom Bestehen der GbR im Innenverhältnis zu unterscheiden ist die Entstehung der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten. Die Entstehung der GbR im Außenverhältnis wird nunmehr durch die neu geschaffene Vorschrift des § 719 BGB normiert. Sie ist dem § 123 Abs. 1 HGB nachgebildet. Nach § 719 Abs. 1 BGB entsteht die Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten, sobald sie mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter teilnimmt, spätestens aber mit ihrer Eintragung im Gesellschaftsregister. Für die Teilnahme am Rechtsverkehr genügen bereits vorbereitende Geschäfte (z.B. Einrichtung eines Bankkontos im Namen der Gesellschaft).3  Ist die Gesellschaft nach Maßgabe des § 719 Abs. 1 BGB entstanden, sind die Vorschriften der GbR zur Vertretung und Gesellschafterhaftung (§§ 720 ff. BGB) anwendbar.4 

III. Geschäftsführung und Vertretung

Die Geschäftsführung betrifft das Innenverhältnis (sog. rechtliches Dürfen), die Vertretung das Außenverhältnis (sog. rechtliches Können). Ist bereits nach allgemeinen Grundsätzen strikt zwischen Geschäftsführung und Vertretung zu trennen, gilt dies im Recht der GbR nach Inkrafttreten des MoPeG‘s umso mehr. Die alte Rechtslage sah einen sog. Gleichlauf von Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis vor.5  Nach § 714 BGB a.F. war ein Gesellschafter zur Vertretung nur befugt, soweit seine Geschäftsführungsbefugnis reichte. § 709 Abs. 1 Hs. 1 BGB sah wiederum eine Gesamtgeschäftsführungsbefugnis vor. Hatte der Gesellschafter für die Abgabe einer Willenserklärung nicht die Geschäftsführungsbefugnis, war er nicht vertretungsbefugt. Damit war der Rechtsverkehr bis zuletzt mit dem Risiko belastet, dass der Abschluss des konkreten Rechtsgeschäftes nicht von der Vertretungsbefugnis des auftretenden Gesellschafters gedeckt ist.6  Jener Gleichlauf von Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis findet nach neuester Gesetzeslage keine Anwendung mehr.

1. Geschäftsführung

Die Geschäftsführungsbefugnis der Gesellschafter ist fortan in § 715 BGB normiert. Da sich die Vertretungsbefugnis nicht mehr an der Geschäftsführungsbefugnis orientiert und Letztere nur das Innenverhältnis regelt, führt ein Überschreiten der Geschäftsbefugnis nicht dazu, dass der Gesellschafter ohne Vertretungsmacht (vgl. §§ 177 ff. BGB) gehandelt hat. In Betracht kommen allenfalls Schadensersatzansprüche gegen den Gesellschafter oder gesellschaftsrechtliche Sanktionen, die in einer Examensklausur typischerweise keine Rolle spielen und daher an dieser Stelle nicht tiefer besprochen werden sollen.

2. Vertretung

Die Vertretung der GbR ist nunmehr in § 720 BGB geregelt. Eine Regelung ist schon deshalb erforderlich, da eine Gesellschaft als bloßes Rechtskonstrukt nicht selbst handeln und keine eigenen Willenserklärungen im Sinne der §§ 164 ff. BGB7  abgeben kann. 

§ 720 Abs. 1 BGB sieht dabei als gesetzlichen Regelfall die Gesamtvertretungsbefugnis vor. Die Gesellschafter können im Gesellschaftsvertrag abweichend hierzu Einzel- oder Mehrheitsvertretung regeln (vgl. § 720 Abs. 1 BGB a.E.). Daneben ist es aber auch möglich, einem Dritten rechtsgeschäftlich Vertretungsmacht – etwa durch eine Generalvollmacht – einzuräumen.8  § 720 BGB regelt nämlich nur die Vertretungsmacht kraft organschaftlicher Stellung. 

§ 720 Abs. 2 BGB schreibt wiederum vor, dass die nach Absatz 1 gesamtvertretungsberechtigten Gesellschafter einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Art (vorher) ermächtigen können. Damit ist die in § 720 Abs. 1 BGB angeordnete Gesamtvertretungsbefugnis nicht zu eng im Sinne eines gleichzeitigen Handelns zu verstehen. Ausreichend für eine wirksame Vertretung ist bereits die gemeinschaftliche Mitwirkung der Gesellschafter (z. B. indem die übrigen Willenserklärungen fortwirken).9  

Der Umfang der Vertretungsbefugnis ist in § 720 Abs. 3 BGB geregelt. In Abkehr zu dem bereits beschriebenen Gleichlauf von Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis bestimmt § 720 Abs. 3 S. 1, 2 BGB einem allgemeinen Prinzip des Gesellschaftsrecht folgend10  (vgl. § 126 Abs. 2 HGB, § 37 Abs. 2 GmbHG), dass sich die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter auf alle Geschäfte der Gesellschaft (Ausnahme: Grundlagengeschäfte) erstreckt und der Umfang der Vertretungsbefugnis gegenüber Dritten nicht beschränkt werden kann. Nach § 720 Abs. 3 S. 3 BGB gilt dies insbesondere für die Beschränkung, dass sich die Vertretung nur auf bestimmte Geschäfte oder Arten von Geschäften erstreckt oder dass sie nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder an einzelnen Orten stattfinden soll. Gibt etwa ein einzelvertretungsberechtigter Gesellschafter eine Willenserklärung im Namen der Gesellschaft gegenüber einem Dritten ab, kann sich der Dritte nach neuester Gesetzeslage auf das Bestehen einer umfassenden Vertretungsmacht verlassen.

§ 720 Abs. 3 S. 3 BGB beschränkt nach seinem eindeutigen Wortlaut nur den Umfang der Vertretungsbefugnis (gegenständliche Begrenzung bzw. „wie“). Wirksam im Außenverhältnis ist dagegen der Ausschluss der Vertretung im Gesellschaftsvertrag (Bestandsbegrenzung bzw. „ob“).11 

§ 720 Abs. 5 BGB regelt die sog. Passivvertretung und ist der Neufassung des § 126 Abs. 6 HGB nachgebildet. Nach § 720 Abs. 5 BGB genügt für den Zugang die Abgabe einer Willenserklärung gegenüber einem vertretungsbefugten Gesellschafter (sog. passive Einzelvertretung).

IV. Haftung

Die rechtsfähige GbR haftet durch die Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit für begründete Gesellschaftsverbindlichkeiten mit ihrem Vermögen nach § 705 Abs. 2 Alt. 1 BGB (zB iVm § 433 Abs. 2 BGB). Bei einer Verbindlichkeit, die ein schuldhaftes Verhalten voraussetzt (z.B. § 280 Abs. 1 oder § 823 Abs. 1 BGB), ist der GbR das Handeln ihrer Gesellschafter nach überwiegender Ansicht in Analogie zu § 31 BGB zuzurechnen (str.).12  Der Gesetzgeber hat die Haftung des GbR-Gesellschafters in den §§ 721, 721a und 721b BGB normiert. Einer analogen Anwendung der §§ 128 ff. HGB bedarf es mangels Regelungslücke damit nicht mehr. Inhaltlich wurde das Haftungsregime der GbR vollständige an dasjenige der offenen Handelsgesellschaft angeglichen.13  Anspruchsgrundlage in der Klausur ist dann jeweils die Haftungsnorm in Verbindung mit der jeweiligen Gesellschaftsverbindlichkeit (z.B. § 721 S. 1 BGB i.V.m. § 433 Abs. 2 BGB).14  Eine Ausnahme besteht für § 721b BGB (s.u.).

1. Akzessorische Haftung für Neuverbindlichkeiten gemäß § 721 BGB

Nach § 721 S. 1 BGB haften die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Wesensmerkmal der Gesellschafterhaftung im GbR-Recht ist – genauso wie im Recht der OHG und KG – die Akzessorietät der Haftung des Gesellschafters im Verhältnis zur Haftung der Gesellschaft. Einfach gesagt bedeutet dies: Haftet die Gesellschaft, führt dies „automatisch“ kraft der Akzessorietät zu einer Haftung des Gesellschafters. Aus dem Wortlaut ergibt sich jene Akzessorietätsbeziehung aus dem Begriff „für“. 

Bereits aus dem Wesen der GbR als eine Personengesellschaft und im Einklang mit dem Wortlaut des § 721 S. 1 BGB folgt eine persönliche Haftung des Gesellschafters. Dies bedeutet, dass der in Anspruch genommene Gesellschafter mit seinem vollständigen Privatvermögen haftet. 

Zuletzt ordnet § 721 S. 1 BGB eine Haftung als Gesamtschuldner und nicht etwa als Teilschuldner an. Dies führt dazu, dass der Gesellschaftsgläubiger nach § 421 BGB nach seinem Belieben entscheiden kann, wer (Gesellschaft oder Gesellschafter) in welcher Höhe haftbar gemacht wird.15  Dies bedeutet insbesondere, dass der in Anspruch genommene Gesellschafter den Gesellschaftsgläubiger auch nicht zunächst auf das Gesellschaftsvermögen verweisen kann. 

Der Begriff „Verbindlichkeiten“ erfasst nach ganz herrschender Meinung neben rechtsgeschäftlich begründeten Verbindlichkeiten auch Gesellschaftsverbindlichkeiten gesetzlicher Natur, insbesondere aus § 823 BGB.16  Schließlich ergibt sich aus einem Umkehrschluss zu § 721a BGB, dass § 721 S. 1 BGB nur die Haftung hinsichtlich der während der Mitgliedschaft begründeten Verbindlichkeiten erfasst (sog. Neuverbindlichkeiten).

Gemäß § 721 S. 2 BGB ist eine dem § 721 S. 1 BGB entgegenstehende Vereinbarung unter den Gesellschaftern Dritten gegenüber unwirksam.

2. Haftung für Altverbindlichkeiten eintretender Gesellschafter gemäß § 721a BGB

§ 721a BGB entspricht inhaltlich dem § 127 HGB. Wer in eine bestehende Gesellschaft eintritt, haftet gemäß § 721a S. 1 BGB gleich den anderen Gesellschaftern nach Maßgabe der §§ 721 und 721b BGB für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft (sog. Altverbindlichkeiten). Die Haftung für Altverbindlichkeiten wird insbesondere aus dem im Personenrecht geltenden Gleichlauf von Herrschaft und Haftung begründet. Die Haftung des eintretenden Gesellschafters kompensiert den Einfluss, den er auf das Gesellschaftsvermögen gewinnt.17  Ferner ist es aus Sicht des Rechtsverkehrs nicht zumutbar, dass zwischen Alt- und Neuverbindlichkeiten zu differenzieren ist.18  Nach § 721a S. 2 BGB ist eine entgegenstehende Vereinbarung Dritten gegenüber unwirksam.

3. Einwendungen und Einreden gemäß § 721b BGB

§ 721b BGB ist § 128 HGB (§ 129 Abs. 1 HGB a. F.) nachgebildet und ist Ausdruck der Akzessorietät im Hinblick auf den Bestand und die Durchsetzbarkeit der Gesellschaftsverbindlichkeit. 

Wird ein Gesellschafter wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen, kann er gemäß § 721b Abs. 1 BGB Einwendungen und Einreden, die nicht in seiner Person begründet sind, insoweit geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können. Damit wird sichergestellt, dass der Gesellschaftsgläubiger bei der Durchsetzung der Gesellschaftsverbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter nicht besser, aber auch nicht schlechter steht als bei Inanspruchnahme der Gesellschaft selbst.19  In Abweichung zum Wortlaut des § 129 Abs. 1 HGB a. F. wird nunmehr durch den Gesetzeswortlaut auch klargestellt, dass Einreden genauso wie Einwendungen erfasst sind.20  Steht dem in Anspruch genommenen Gesellschafter eine in seiner Person begründete Einwendung oder Einrede zu, kann er diese ohne weiteres, also ungeachtet des § 721b Abs. 1 BGB entgegenhalten.21  

Betrifft Absatz 1 Einwendungen und Einreden, so sind von Absatz 2 Gestaltungsrechte erfasst. Nach § 721b Abs. 2 BGB kann der Gesellschafter die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange der Gesellschaft in Ansehung der Verbindlichkeit das Recht zur Anfechtung oder Aufrechnung oder ein anderes Gestaltungsrecht, dessen Ausübung die Gesellschaft ihrerseits zur Leistungsverweigerung berechtigen würde, zusteht. Dem Gesellschafter wird also nicht das Recht gewährt, das der Gesellschaft zustehende Gestaltungsrecht auszuüben. § 721b Abs. 2 BGB gewährt dem Gesellschafter vielmehr ein eigenständiges Verweigerungsrecht. In Erweiterung zum Wortlaut des § 129 Abs. 2, 3 HGB a. F. hat der Gesetzgeber nunmehr ausdrücklich auch andere Gestaltungsrechte als Aufrechnung und Anfechtung in den Anwendungsbereich miteinbezogen. Mit dieser Ausdehnung hat der Gesetzgeber den zu § 129 Abs. 2, 3 HGB a. F. geführten Streitstand ausgeschlossen, ob sich der Gesellschafter auch auf ein von der Gesellschaft nicht ausgeübtes Rücktritts-, Minderungs- oder Kündigungsrecht berufen kann.22 

4. Die Begrenzung der Nachhaftung für ausgeschiedene Gesellschafter gemäß § 728b BGB

Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, haftet dieser nicht zeitlich unbegrenzt für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. Unter welchen Voraussetzungen die sog. Nachhaftung wegfällt, wird durch die neu geschaffene Norm des § 728b BGB normiert. Sie übernimmt im Wesentlichen die handelsrechtliche Enthaftungsvorschrift des § 160 HGB a. F. (nun: § 137 HGB), welche bis zuletzt nach § 736 Abs. 2 BGB sinngemäß für die GbR anwendbar war. Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so haftet er gemäß § 728b Abs. 1 S. 1 BGB für deren bis dahin begründeten Verbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach seinem Ausscheiden fällig sind und (Nr. 1) daraus Ansprüche gegen ihn in einer in § 197 Abs. 1 Nummer 3 bis 5 bezeichneten Art festgestellt sind oder (Nr. 2) eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird. 

Eine Nachhaftung nach § 728b Abs. 1 BGB setzt damit voraus, dass (1) der in Anspruch genommene Gesellschaft durch Abschluss einer wirksamen Austrittsvereinbarung aus der Gesellschaft ausgetreten ist. (2) Bei der Gesellschaftsverbindlichkeit muss es sich um eine Altverbindlichkeit handeln. (3) Die Verbindlichkeit muss innerhalb von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig geworden sein, wobei der Fristbeginn in § 728b Abs. 1 S. 3 BGB geregelt ist. Letzte (zumeist übersehene) (4) Zuletzt ist Voraussetzung, dass der Anspruch entsprechend § 107 Abs. 1 Nummer 3 bis 5 in einer rechtskräftigen Entscheidung (Urteil, Vollstreckungsbescheid), einem vollstreckbaren Vergleich (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), einer vollstreckbaren Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) oder im Insolvenzverfahren rechtskräftig festgestellt ist.

Klausurhinweis: Dogmatisch handelt es sich bei § 728b BGB um einen Ausschlussgrund und keine Anspruchsgrundlage. In der Anspruchsgrundlage ist § 728b BGB daher nicht (!) aufzuführen, da dieser nur als Enthaftungstatbestand konzipiert ist und eine Haftung nach § 721 S. 1 oder § 721a S. 1 BGB voraussetzt.

V. Das Gesellschaftsregister als Neuheit und seine Publizitätswirkung iSd § 15 HGB

Die praxisrelevanteste Änderung des GbR-Rechts ist zweifellos die Einführung eines Gesellschaftsregisters. Sie soll der GbR Publizität geben, um dem Rechtsverkehrs Gewissheit über Haftung und Vertretungsverhältnisse zu verschaffen.23  Normiert ist das Gesellschaftsregister in den §§ 707-707d BGB. Aus der systematischen Stellung im Untertitel 2 (Rechtsfähige Gesellschaft) ergibt sich zugleich, dass die Eintragung nur für rechtsfähige Gesellschaften im Sinne des § 705 Abs. 2 Alt. 1 BGB in Betracht kommt. 

Nach § 707 Abs. 1 BGB können (nicht: müssen!) die Gesellschafter die Gesellschafter zur Eintragung in das Gesellschaftsregister anmelden. Die Anmeldung zum Gesellschaftsregister ist damit freiwillig.24  Der Mindestinhalt der Anmeldung ergibt sich aus § 707 Abs. 2 BGB. Hierzu gehört insbesondere die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter (§ 707 Abs. 2 Nr. 3 BGB). 

Die Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister hat nach § 707a Abs. 2 S. 1 BGB zur Folge, dass diese im Rechtsverkehr den Namenszusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ zu führen hat. Ferner erklärt § 707a Abs. 3 S. 1 HGB die handelsrechtliche Publizitätsvorschrift des § 15 HGB dem Grunde nach für entsprechend anwendbar. Auf diese Weise hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass Eintragungen im Gesellschaftsregister eine Art öffentlichen Glauben genießen.25  

Klausurrelevante Bedeutung erlangt dies vor allem bei Änderungen der Vertretungsbefugnisse (§ 707 Abs. 3 S. 1 BGB) und Änderungen im Gesellschafterbestand bei einem Ein- oder Austritt der Gesellschafter (§ 707 Abs. 3 S. 2 BGB). Insofern handelt es sich also um „eintragungspflichtige Tatsachen“. Dies bedeutet beispielsweise: Ist im Gesellschaftsregister eine Einzelvertretungsmacht eines jeden Gesellschafters angegeben und hat die Gesellschaft nachträglich eine Gesamtvertretungsmacht vereinbart, ist diese Änderung in das Gesellschaftsregister einzutragen (§ 707 Abs. 3 S. 1 BGB). Unterlässt die Gesellschaft jene Eintragung, kann die Gesellschaft nach § 707a Abs. 3 S. 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 1 HGB (sog. negative Publizität) einem Vertragspartner die fehlende Einzelvertretungsmacht des handelnden Gesellschafters nicht entgegenhalten, es sei denn, dass sie diesem bekannt war.

Typische Probleme im Rahmen des § 15 HGB, namentlich die sekundäre Unrichtigkeit des Handels- bzw. Gesellschaftsregisters oder die „Rosinentheorie“, können sich also auch bei der eingetragenen GbR stellen.26  § 15 Abs. 2 HGB und § 15 Abs. 3 HGB (sog. positive Publizität) finden selbstverständlich auch Anwendung. In der Klausur spielen sie aber nur eine untergeordnete Rolle und sollen daher hier nicht weiter behandelt werden.27 

Die entsprechende Anwendung des § 15 HGB findet nach § 707a Abs. 3 S. 1 Hs. 2 BGB jedoch nur mit der Maßgabe statt, dass das Fehlen der Kaufmannseigenschaft nicht an der Publizität des Gesellschaftsregisters teilnimmt. Dies hat zur Folge, dass Teilnehmer des Rechtsverkehrs aus der Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister nicht darauf schließen dürfen, dass sie in dieser Rechtsform auch (fort-)besteht.28  Ist der Gesellschaftszweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet, wandelt sich die GbR aufgrund des im Handelsrecht geltenden numerus-clausus-Prinzips identitätswahrend in eine OHG um (§ 105 Abs. 1 HGB).29 

VI. Fazit

Das MoPeG wirkt sich in vielerlei Hinsicht auf die Klausurbearbeitung aus. Zentral ist die Erkenntnis, dass das Recht der GbR nunmehr über ein detailliert(er)es Normenregime verfügt. Eine analoge Anwendung etwaiger HGB-Vorschriften dürfte damit in Zukunft größtenteils obsolet sein. Zu denken ist an die fortan ausdrücklich kodifizierte Rechtsfähigkeit der GbR sowie die Vorschriften zur Entstehung und Vertretung, die zumindest im Regelfall nicht mehr als bloße „Fußgängerpunkte“ darstellen dürften. Zu den besonders examensrelevanten Themengebieten im Recht der GbR wird sicherlich neben der Gesellschafterhaftung die Anwendbarkeit der Publizitätswirkung auf eine eingetragene GbR gehören.

1 Vgl. BGH NJW 2001, 1056, Urteil vom 29.01.2001 – II ZR 331/00.

2 Näheres zur nicht rechtsfähigen Gesellschaft (sog. Innen-GbR) sind nunmehr in den §§ 740-740c BGB geregelt. Für zukünftige Examensklausuren wird diese aber eher eine untergeordnete Rolle spielen.

3 Siehe dazu näher Windbichler/Bachmann, Gesellschaftsrecht, 25. Auflage 2024, § 6 Rn. 86 ff.; Wünsche, JuS 2024, 8 (10 f.); für eine Klausurlösung mit Berücksichtigung des MoPeG, Bartlitz, JuS 2022, 131.

4 BT-Drcks. 19/27635, S. 162.

5 Vgl. BT-Drcks. 19/27635, S. 161

6 Vgl. BT-Drcks. 19/27635, S. 162.

7 BT-Drcks. 19/27635, S. 163.

8 Bei der Prüfung einer wirksamen Stellvertretung nach §§ 164 ff. BGB ist beim erforderlichen Handeln „im fremden Namen“ in gesellschaftsrechtlichen Klausuren auch stets an das sog. unternehmensbezogene Geschäft zu denken: Sofern aus den Umständen erkennbar ist, dass für ein Unternehmen gehandelt wird, wird der wahre Unternehmensträger berechtigt und verpflichtet (vgl. § 164 Abs. 1 S. 2 BGB).

9 Vgl. Windbichler/Bachmann, Gesellschaftsrecht, 25. Auflage 2024, § 9 Rn. 40.

10 Vgl. BT-Drcks. 19/27635, S. 163.

11 ähnlich Kuhn, JURA 2024, 14 (18).

12 Bei § 823 Abs. 1 BGB ist dies unstreitig. Bei den vertraglichen Schadensersatzansprüchen wird zum Teil eine Anwendung des § 278 S. 1 Var. 1 BGB befürwortet. Auf den Streit kommt es aber regelmäßig nicht an, da die Ansichten fast immer zum gleichen Ergebnis kommen (Ausnahme: Fall des § 278 S. 2 BGB).

13 Vgl. BT-Drcks. 19/27635, S. 165.

14 Siehe für gutachterliche Falllösungen Burchardi/Lamersdorf, JuS 2024, 139 ff.; Saenger/Mast, JA 2024, 15 ff.

15 BT-Drcks. 19/27635, S. 166.

16 Vgl. BT-Drcks. 19/27635, S. 166; BGH NJW 2003, 1445; Ulmer, ZIP 2001, 585 (597).

17 BT-Drcks. 19/27635, S. 166.

18 BT-Drcks. 19/27635, S. 166.

19 BT-Drcks. 19/27635, S. 168.

20 BT-Drcks. 19/27635, S. 168.

21 Vgl. BT-Drcks. 19/27635, S. 166.

22 BT-Drcks. 19/27635, S. 168; vgl. zum Streitstand K. Schmidt, in: MüKo-HGB, 4. Auflage 2016, § 129 Rn. 18.

23 Vgl. Vgl. BT-Drcks. 19/27635, S. 2.

24 Zwar hat der Gesetzgeber in § 47 Abs. 2 GBO bestimmt, dass nur die eGbR als Eigentümerin eines Grundstücks in das Grundbuch eingetragen werden soll. Aus dem Wort „soll“ ergibt sich aber, dass dies nur eine verfahrensrechtliche, aber in der Klausur nicht den materiell-rechtlichen Grundstückserwerb nach §§ 873, 925 BGB entgegensteht, vgl. Sanders/Berisha/Bühring/Reinold, JURA 2023, 1267 (1275).

25 Vgl. BT-Drcks. 19/27635, S. 3.

26 Siehe dazu im Rahmen einer gutachterlichen Falllösung Burchardi/Lamersdorf, JuS 2024, 139 ff.

27 Näheres hierzu Sanders/Berisha/Bühring/Reinold, JURA 2023, 1267 (1276).

28 BT-Drcks. 19/27635, S. 168.

29 Vgl. BT-Drcks. 19/27635, S. 133.